Softwarearchitektur ist das Rückgrat jedes erfolgreichen Projekts. Doch wie stellt man sicher, dass die Architektur nicht nur auf dem Papier gut aussieht, sondern auch in der Praxis den Anforderungen standhält, besonders wenn diese sich ändern?

Hier kommt die Architekturbewertung ins Spiel – ein Schritt, der oft über Erfolg oder Misserfolg eines Projekts entscheidet. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen zeigen, warum Architekturbewertungen so wichtig sind und wie Sie sie in Ihrem Team erfolgreich durchführen können, Schritt für Schritt.

Was ist Softwarearchitektur?

Die ISO-Norm 42010 definiert Softwarearchitektur als „die grundsätzliche Organisation eines Systems, wie sie sich in dessen Komponenten, deren Beziehungen zueinander und zur Umgebung widerspiegelt, sowie die Prinzipien, die für seinen Entwurf und seine Evolution gelten“. Einfach ausgedrückt, beschreibt die Architektur, wie Ihr System aufgebaut ist, welche Komponenten beteiligt sind und wie sie miteinander interagieren.

Warum sollte man eine Architekturbewertung durchführen?

Die Architektur eines Systems hat weitreichende Auswirkungen. Entscheidungen, die in der frühen Phase eines Projekts getroffen werden, sind oft sehr schwierig oder teuer zurückzunehmen. Das macht es umso wichtiger, dass diese Entscheidungen auf soliden Grundlagen beruhen. Eine unpassende Architektur kann das gesamte Projekt gefährden, indem sie zu langsamen Systemen, Sicherheitsproblemen oder steigenden Kosten führt. Eine rechtzeitige Bewertung der Architektur hilft, solche Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu beheben.

Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, die Architektur erlaubt es nicht, schnell auf neue Anforderungen zu reagieren. Das führt nicht nur zu Frustrationen im Team, sondern auch dazu, dass Kunden länger auf Features warten müssen – und das kann ernsthafte Auswirkungen auf den Geschäftserfolg haben.

Wie bewerten Sie Ihre Architektur? Ein Schritt-für-Schritt-Rezept

Architekturbewertungen klingen vielleicht komplex, aber mit einem klaren Plan können Sie und Ihr Team diese Aufgabe gut meistern. Hier ist ein praxiserprobtes Rezept:

1. Qualitätsanforderungen sammeln und präzisieren

Bevor Sie die Architektur bewerten, müssen Sie genau wissen, was Sie erreichen wollen. Welche Qualitätsziele hat Ihr System? Brauchen Sie ein besonders schnelles System? Oder legen Sie mehr Wert auf Sicherheit? Diese Anforderungen dienen als Bewertungsmaßstab. Ohne klare Ziele bleibt die Bewertung vage und wenig aussagekräftig.

Beispiel: Was heißt das, unsere Anwendung muss "effizient sein"? Heißt das kurze Antwortzeit, hoher Durchsatz oder geringer Batterieverbrauch?

Tipp: Binden Sie alle wichtigen Stakeholder ein, wenn Sie die Anforderungen sammeln. So stellen Sie sicher, dass niemand wichtige Kriterien vergisst.

2. Architekturansätze dokumentieren

Welche Lösungsansätze haben Sie gewählt, um die Anforderungen zu erfüllen? Haben Sie sich für eine bestimmte Technologie entschieden, um die Performance zu steigern, oder spezielle Maßnahmen für die Sicherheit getroffen? Es ist entscheidend, diese Entscheidungen klar zu dokumentieren. Denn nur wenn Sie genau wissen, welche Architekturentscheidungen getroffen wurden, können Sie bewerten, ob sie zu den gewünschten Zielen passen.

Tipp: Schaffen Sie eine transparente Dokumentation, die jeder im Team versteht. Das hilft auch in späteren Phasen, wenn neue Teammitglieder dazukommen oder Änderungen vorgenommen werden müssen.

3. Ansätze mit den Qualitätsanforderungen vergleichen

Nun ist es an der Zeit, Ihre Architekturansätze mit den definierten Qualitätsanforderungen zu vergleichen. Es gibt viele Methoden dafür – von sehr gründlichen wie der ATAM-Methode (Architecture Tradeoff Analysis Method) bis hin zu leichteren, schnelleren Ansätzen. Wichtig ist, dass die Methode, die Sie wählen, zu Ihrem Projekt und Ihrer Organisation passt. Aber Vorsicht: Zu einfache Methoden liefern oft oberflächliche Ergebnisse, die wichtige Probleme übersehen können!

Tipp: Lassen Sie sich von erfahrenen Kolleg:innen oder von mir helfen, die richtige Methode für Ihr Projekt auszuwählen.

4. Maßnahmen aufstellen

Haben Sie während der Bewertung Schwächen oder Risiken in der Architektur entdeckt? Super! Jetzt ist es an der Zeit, Maßnahmen zu definieren. Welche Änderungen müssen Sie vornehmen, um die Architektur zu verbessern? Dies können technische Anpassungen, neue Technologien oder sogar organisatorische Änderungen im Team sein.

Tipp: Arbeiten Sie im Team an den Maßnahmen. Oftmals sind die besten Lösungen nicht technisch, sondern organisatorisch – zum Beispiel, indem Sie die Kommunikation zwischen Teams verbessern.

5. Maßnahmen umsetzen

Eine Bewertung ist nur dann erfolgreich, wenn Sie die identifizierten Maßnahmen auch umsetzen. Wenn Sie nach der Bewertung einfach weitermachen, als wäre nichts geschehen, war die ganze Mühe vergebens. Stellen Sie sicher, dass konkrete Schritte eingeplant und durchgeführt werden. Nur so können Sie langfristig die Qualität der Architektur verbessern.

Tipp: Erstellen Sie einen realistischen Plan mit klaren Verantwortlichkeiten und Meilensteinen. So verhindern Sie, dass Maßnahmen auf der Strecke bleiben.

6. Erfolge feiern

Wenn die Maßnahmen erfolgreich umgesetzt wurden, sollten Sie und Ihr Team das feiern! Es ist wichtig, Erfolge anzuerkennen, um die Motivation hochzuhalten. Eine kleine Feier oder Anerkennung kann Wunder bewirken und zeigt, dass die harte Arbeit wertgeschätzt wird.

Tipp: Planen Sie nach jeder erfolgreichen Bewertung ein kleines Event, um den Teamgeist zu stärken.

7. Die nächste Bewertung rechtzeitig vorbereiten

Architekturbewertungen sind keine einmalige Sache. Die Anforderungen an Ihr System werden sich im Laufe der Zeit ändern, und damit auch die Anforderungen an die Architektur. Sobald sich diese oder auch Rahmenbedingungen wie das Budget, die Teamgröße oder die Technologie ändern, sollten Sie die Architektur erneut bewerten. So stellen Sie sicher, dass sie weiterhin tragfähig ist und das Projekt auf Erfolgskurs bleibt.

Tipp: Setzen Sie regelmäßige Checkpoints im Projekt auf, um die Architektur rechtzeitig erneut zu bewerten. Beispiel: Eine leichtgewichtige Bewertungen alle 3 Iterationen, eine gründlichere Bewertung ein- oder zweimal im Jahr.

Fazit

Die Bewertung einer Softwarearchitektur mag auf den ersten Blick aufwändig erscheinen, ist jedoch ein kostengünstiger Schritt, um Projekte langfristig auf Kurs zu halten. Durch die strukturierte Bewertung und die anschließende Umsetzung von Verbesserungen stellen Sie sicher, dass Ihre Architektur den Anforderungen gerecht wird und zukünftige Herausforderungen gemeistert werden können. Und das Beste: Mit dem Rezept weiter oben haben Sie einen klaren Fahrplan, den Sie immer wieder nutzen können – für eine tragfähige, zukunftssichere Architektur!

Wenn Sie genau wissen wollen, welche Methoden es gibt, wie sie eine auswählen, diese durchführen und davon profitieren, dann kommen Sie doch einfach in meine ARCEVAL-Schulung!