Wir Softwareingenieure arbeiten teilweise unter fragwürdigen Bedingungen. Ich habe ein Projektteam erlebt, das musste nachts um ein Uhr ein Gesamt-System in Betrieb nehmen, das in den letzten Monaten entwickelt worden war. Ein Teil dieses Systems war eine angepasste SAP-Lösung für die Speicherung von Abonnenten-Daten. Dieses SAP-System hatte 120(!) Änderungen, die noch nicht in Produktion genommen worden waren. Das Team hatte sie wegen mangelnder Testkapazitäten im Laufe eines Jahres angesammelt. Was würde passieren, wenn man diese 120 Changes in dieser Nacht tatsächlich “transportierte”?
Wenn ich so etwas sehe, stelle ich mir Fragen:
- Hätte man das nicht anders machen können?
- Wie kann es sein, dass man unbedingt nachts um eins in Betrieb gehen muss?
- Wie ist es möglich, dass sich 120 uncommitted changes irgendwo ansammeln?
Doch das ist nur die Spitze. Die Stresskultur ist überall in unserer Branche verbreitet. Termine werden zu eng gesetzt, der Umfang des Projektes wird unterwegs nicht mehr diskutiert sondern als fix betrachtet. Teams geraten kurz vor den Release-Terminen in Zeitdruck und versuchen, das mittels Überstunden zu kompensieren.
Wir Software-Ingenieure sind verrückt.
Sind es nur wir Softwareingenieure, die so verrückt sind, oder ist das in der Arbeitswelt allgemein so?
Die Sache hat Methode
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wollte das genau wissen. Sie veranstaltete 2012 eine telefonische Befragung von 20.000 Personen und machte daraus einen Bericht, den Stressreport 2012.
Als ich den Bericht las, stellte ich fest: Nicht nur wir SW-Ingenieure sind so verrückt, die ganze Arbeitswelt ist es! Der Stressreport 2012 berichtet über die psychischen Anforderungen in der Arbeitswelt und über die Arbeitsbedingungen, die für die Gesundheit der Beschäftigten kritisch sein können. Dazu gehören zum Beispiel…
- lang anhaltender hoher Zeitdruck
- häufige Unterbrechungen bei der Arbeit
- monotone Tätigkeiten
- fehlende Erholungsmöglichkeiten usw.
Derartige Bedingungen führen häufig zu Stress. Daneben existieren jedoch auch Arbeitsanforderungen, die eher fördernde Eigenschaften haben (Ressourcen genannt) und sich günstig auf die Gesundheit auswirken können. Dazu zählen u.a.
- die eigene Arbeit selbst planen können
- über Pausen selbst bestimmen
- Einfluss auf die Arbeitsmenge
- Kommunikation und Kooperation mit Kollegen und Vorgesetzten
Lesenswert: Stressreport 2012
Der rund 200-seitige Bericht der Bundesanstalt geht der Frage nach, wie viele Beschäftigte in Deutschland derzeit häufig Stressfaktoren bei ihrer Arbeit erleben. Dabei geht es nicht nur um die Stressfaktoren alleine, sondern auch um die vorhandenen Ressourcen bei der Arbeit. Weiter werden der Umfang gesundheitlicher Beschwerden – auch psychovegetativer Art – und deren gemeinsames Auftreten mit Stress und Ressourcen dargestellt.
Daten und Fakten in dem Report sind aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Alter, Arbeitszeit, Wirtschaftszweigen und Berufen. In Vertiefungskapiteln werden außerdem aktuelle Daten und Forschungsergebnisse zu wichtigen Arbeitsmerkmalen (Termin- und Leistungsdruck, Arbeitszeit, Führung, Multitasking, Restrukturierung) und deren Folgen vorgestellt.
Anforderungen an uns Ingenieure
Ressourcen in uns Ingenieuren
Veränderung in den letzten 2 Jahren
Die Teilnehmer wurden gefragt: Hat der Stress in den letzten 2 Jahren zugenommen? Sind Sie quantitativ (mengenmäßig) überfordert? Oder qualitativ (fachlich)?
Wir sind Helden
Wir Ingenieure sind heldenhaft. Wir multitasken (73%), bekommen ständig neue Aufgaben (69%), haben starken Termin- und Leistungsdruck (61%), werden ständig bei der Arbeit gestört und unterbrochen (54%) und wir verbessern trotzdem ständig unsere Verfahren und probieren immer Neues aus (45%).Wir Software-Ingenieure sind Helden.
Dabei arbeiten wir richtig gut mit Kollegen zusammen (92%), teilen uns die Arbeit selbst ein (90%), entscheiden selbst, wann wir Pausen machen (80%) und bekommen Hilfe vom direkten Vorgesetzten (59%).
Ist doch eigentlich alles grün, oder? Warum jammern wir dann, dass der Stress in den letzten 2 Jahren zugenommen habe (46%) und beschweren uns, wir seien durch die Arbeitsmenge überfordert (20%)?
Die Langzeitfolgen
Vielleicht sind wir eben Menschen wie alle anderen auch. Multitasking und Termindruck sind eben nur vorübergehend attraktiv und anspornend, aber nicht auf Dauer. Das zeigen auch die Untersuchungen: Es kommt bei Dauerbelastung zu Störungen im Körper:
- Schmerzen im Nacken-, Schulterbereich
- Schmerzen im unteren Rücken, Kreuzschmerzen
- Schmerzen in den Armen und Händen
- Schmerzen und Schwellungen in den Beinen
- Schmerzen in den Hüften und
- Schmerzen in den Knien
Termindruck auch bei Ihnen?
Ab jetzt Termine leicht einhalten. Mit meinem 22-Punkte-Aktionsplan ist das für Sie ganz einfach.
Auch die Psyche macht das nicht auf Dauer mit. Es ergeben sich…
- allgemeine Müdigkeit, Mattigkeit, Erschöpfung
- nächtliche Schlafstörungen
- Nervosität und Reizbarkeit
- Niedergeschlagenheit
Stress eindämmen
Wir sollten Stress bei uns Softwareingenieuren systematisch eindämmen, damit wir über lange Zeit etwas von unserem schönen Beruf mit seiner privilegierten Situation und Ressourcenfülle haben und auf unsere Ergebnisse stolz sein können.
Dazu stehen uns Mittel und Wege zur Verfügung – speziell uns, die wir in der Wissensarbeit tätig sind! Wenn Sie die konsequent einsetzen, machen Sie den Weg frei, um zu einer Premium-Firma zu werden.