Ab und zu macht es Spaß, auch chaotische Filme anzuschauen, so wie diese Woche, als ich mir Free Rainer angesehen habe. Filmisch war er zwar nicht mein Geschmack (da könnte man einiges verbessern), doch ich fand die Idee für den Plot einfach gut:

Rainer (Moritz Bleibtreu) ist ein TV-Produzent, der „Unterschichten-Fernsehen“ schlimmster Sorte erzeugt. Was zählt, ist nur die Quote. Als eine seiner Skandalreport-Sendungen dazu führt, dass der Großvater einer Zwanzigjährigen sich das Leben nimmt und diese Zwanzigjährige (gespielt von Elsa Sophie Gambard) Rainer mit ihrem Auto absichtlich in einen Unfall verwickelt, besinnt er sich auf Qualität und versucht, Sendungen mit besserem Niveau zu produzieren. Die Quote, die er dabei erzielt, ist niederschmetternd. Er wirft daraufhin seinen Job hin und gründet eine Hackergruppe, die die Einschaltquoten auf dem Übertragungsweg manipuliert. Plötzlich bekommen kulturell wertvolle Sendungen viel höhere Quoten, sein ehemaliger Sender steht vor dem Bankrott, und die gesamte Fernsehbranche muss umdenken.

Ich will nicht verraten, wie der Film ausgeht. Was mich faszinierte, war die Idee, dass die Wirklichkeit der Fernsehbranche vom Feedback sehr weniger Leute abhängt. Im Film war von nur 5000 Haushalten die Rede, in denen ein Erfassungsgerät installiert ist, das feststellt, wer wann welchen Sender guckt. Die gesamte Fernsehbranche geriet in Aufruhr, als Rainer mit seiner Hackertruppe anfing, dieses Feedback zu manipulieren: Plötzlich sendete man Filme von oder über Rainer Werner Fassbinder, Dokumentationen, Diskussionen, Literaturmagazine usw., alles nur, weil man weiterhin versuchte, hohe Einschaltquoten zu bekommen. Zeitungen fingen an, über eine „geistige Wende“ in Deutschland zu berichten, usw.

„Wenn Du ein System verändern willst, ändere das Feedback, auf das dieses System reagiert“ – diese Botschaft fand ich sehr überzeugend. Für den Alltag als Change Artists können wir daraus etwas lernen. Was ist zum Beispiel, wenn wir wollen, dass in der Produktentwicklung mehr Dinge wirklich fertig werden? Wir brauchen eigentlich nur das Feedback für tatsächlich fertiggewordene Dinge stärker/positiver zu gestalten als das für (noch mehr) angefangene Dinge. Wenn z.B. ein Chef seinen Mitarbeitern in der Produktentwicklung zeigt, dass er es sehr schätzt, wenn etwas fertig wird, dann werden die Leute eher etwas fertig machen bevor sie etwas Neues beginnen. Wenn er dann noch zeigt, dass er auch Neues schätzt, wenn etwas Altes fertig wurde, kommen Neu und Alt ins Gleichgewicht – so wie es sein soll.

Die „Einschaltquote“ finde ich eine gute Metapher. Werden Sie sich bewusst, dass Sie Ihren Mitarbeitern und Kollegen sowieso jeden Tag zeigen, bei was Sie „einschalten“ und bei was nicht. Als Nächstes können Sie anfangen, absichtlich ein- und auszuschalten, um Ihrer Umgebung die Möglichkeiten zur Veränderung zu zeigen.